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Wo es war (Landesmuseum Birkenfeld)
Ortsbestimmungen zu fu?nf Objekten im Landesmuseum Birkenfeld (mit Claudia Reiche)

Die Herkunft von Objekten, die in Museen pra?sentiert werden, interessiert heute meist in der Provenienzforschung und widmet sich der Geschichte von Kunstwerken und Kulturgu?tern mit Blick auf rechtma?ßige oder unrechtma?ßige Besitzverha?ltnisse und Verfu?gungsrechte u?ber diese, einschließlich ihrer Bezeichnungen. U?blich ist auch, dass eine Frage nach der Herkunft auf die Echtheit eines Werks abzielt, auf die Glaubwu?rdigkeit mitgeteilter Umsta?nde der Herstellung oder Inbesitznahmen, die als entscheidend fu?r die Bestimmung seines Werts in Tauschverha?ltnissen gilt. Die Arbeit "wo es war" stellt die Frage nach der Herkunft anders. Sie fragt nach dem Ort, an dem ein musealisiertes Objekt aus seinem Kontext "entnommen" wurde. Was fehlt an diesem Ort, was bleibt an ihm zuru?ck? Es geht darum, diesen Ort als eigensta?ndigen zu suchen und in seinen konkreten wie strukturellen Seiten zu erforschen: Dazu bedarf es anderer Verfahren als nur der Ablesung von geographischen Koordinaten entsprechend den Angaben von Navigationsdiensten, die auf satellitengestu?tzte Konzepte milita?rischer Aufkla?rung zuru?ckgreifen. Denn Bewegungen von Ort zu Ort, die nicht nur geologische und biologische Prozesse, auch insbesondere Herstellung, Tausch und Gebrauch von Artefakten auszeichnen, lassen die Bestimmung eines jeweils endgu?ltigen Herkunftsortes zu einer vielschichtigen Aufgabe anwachsen. So pra?zise es auch gelingen ko?nnte, die La?ngen- und Breitenangaben eines archa?ologischen Fundstu?cks auf der Erde zu bezeichnen, so unerreichbar bliebe dabei doch stets sein Herkunftsort in der Zeit. Eine urspru?ngliche Unverfu?gbarkeit, wie die umumkehrbarer Lebensabla?ufe, auch die jeder "einmalige[n] Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag", kennzeichnet die gesuchten Orte.1 Die fu?r dieses Projekt gewa?hlten Schauobjekte treten in ihrer konkreten Erscheinung vor dieser Fragestellung in den Hintergrund. Sie bieten die Ausgangspunkte fu?r eine Suche, die ihre unbekannten Zielpunkte anhand der verfu?gbaren Informationen zu finden versucht und sich auf den Weg zum vielfach tru?gerischen Gespinst von Na?he und Ferne, An- und Abwesenheit macht. Wegmarken bilden die jeweils zugeho?rige Bezeichnung in der Ausstellung, Archive und Fachliteratur, ebenso Befragung von beteiligten Personen bei Auffindung und Besitzu?bergang eines Objekts an das Museum. Der jeweils gesuchte physische Ort wird entlang der Suchbewegung dokumentiert. Dabei gilt es, allen Eindru?cken wa?hrend dieser Suche nach dem Ort einer historischen Fund- und Fehlstelle – in ihrer konkreten heutigen Erscheinung – gleichermaßen Bedeutung zuzumessen und ihnen mo?glichst gleiche Aufmerksamkeit zu widmen. Eine psychoanalytische Technik, die der "gleichschwebenden Aufmerksamkeit" 2kommt dabei zur Anwendung, hin zu einer mo?glichst nicht wertenden Wahrnehmung des suchend angestrebten, vielleicht vielfach unerkannten, doch stets gefundenen Ortes. Seine Darstellbarkeit, Heimat des gesuchten Objekts, wird erprobt. Aufgesucht werden in der rheinland-pfa?lzischen Stadt Birkenfeld (a. d. Nahe) und der Umgebung die Orte von 5 Exponaten des dortigen Landesmuseums des Verein fu?r Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld.3

1 Walter Benjamin, 'Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit', 1936, 1 siehe auch in leicht gewandelter erster Form: "Was ist eigentlich Aura? Ein sonderbares Gespinst von Raum und Zeit: einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag.", derselbe, in: 'Kleine Geschichte der Photographie', 1931.

2 Sigmund Freud, 'Ratschla?ge fu?r den Arzt bei der psychoanalytischen Behandlung', 1912.

3 Das Museumsgeba?ude wurde 1910 im Stil eines ro?mischen Landhauses erbaut und ist bis heute 3 vom 1843 gegru?ndeten Verein fu?r Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld ehrenamtlich betrieben. Homepage des Landesmuseums Birkenfeld, Verein fu?r Heimatkunde, https:// www.landesmuseum-birkenfeld.de/landesmuseum/verein-fur-heimatkunde/, aufgerufen 30.03.2021.